Arztbewertungsportale sind aus der Gesundheitsbranche nicht mehr wegzudenken, weil sie für Patienten ein beliebtes Mittel zur Arztsuche darstellen. Innerhalb dieser Portale, das berühmteste Beispiel ist Jameda, können die Patienten ihren Arztbesuch öffentlich, oftmals nach Schulnotensystem, bewerten. Sie ermöglichen es einerseits, den Ärzten Rückmeldung zu geben und andererseits auch Patienten, die auf der Suche sind, Orientierung zu verschaffen. Doch diese moderne Bewertungspraxis birgt einige Schattenseiten, sowohl für den Arzt als auch für den Patienten.


Der Besuch beim Arzt wird natürlich immer aus rein subjektivem Empfinden bewertet. Entsprechend kann es vorkommen, dass ein Patient den Arzt und die Praxis in höchsten Tönen lobt und der nächste Patient den Besuch dort als äußerst negativ beschreibt. Viele Aspekte, die für den Patienten am wichtigsten sein sollten, kann dieser unter Umständen jedoch gar nicht bewerten. Wenn es beispielsweise um die Beurteilung der medizinischen Kompetenz geht, erhalten viele Ärzte nicht immer ein faires Urteil. Da es jedoch zur Patientengewinnung unumgänglich ist, in den Portalen vertreten zu sein, müssen sich viele Ärzte der möglicherweise unberechtigten, negativen Kritik und dem Feedback durch den Patienten stellen.

Die Herausforderung von Bewertungsportalen

Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf einige Bewertungsportale zu werfen. Nach einer kurzen Suche stößt man im Internet auf Bewertungsportale wie Jameda, onmeda, topmedic, Docinsider und Sanego, die allesamt die Möglichkeit einer Bewertung anbieten. Nach Rat der Bundesärztekammer sollte man jedoch bei der Betrachtung sehr aufmerksam sein, denn oftmals sind die Bewertungen emotionalisiert oder gar verfälscht. Zwar versichern Portalbetreiber häufig die strenge Kontrolle und Qualitätsprüfung der Beiträge. Jedoch scheint diese aufgrund der Vielzahl der Einträge kaum zu gewährleisten. Im Allgemeinen sind kommerzielle Bewertungsportale als kritisch anzusehen, denn hier findet keinerlei Überprüfung statt, ob der Verfasser der Bewertung jemals tatsächlich bei dem Arzt in der Praxis war. Zudem besteht die Gefahr, dass gekaufte Bewertungen abgegeben werden, die sich auf den ersten Blick kaum von echten Bewertungen unterscheiden lassen. Einen Erfolg konnte Jameda jedoch kürzlich verbuchen, als das Portal gegen 18 Ärzte vorgegangen war, die nachweislich positive Bewertungen gegen Entgelt erhalten hatten. Die Bewertungen wurden entfernt und betroffene Profile mit einem Hinweis versehen, dass Manipulation auf dieser Seite stattgefunden hat. Jameda betont immer wieder, den Patienten vor unlauteren Bewertungen schützen zu wollen, doch sind dafür umfassende Qualitätssicherungen unabdingbar. Nach Angaben von Jameda werden ca. 10 Prozent aller abgegeben Bewertungen aufgrund von Manipulationsversuchen gelöscht.

Ein weiteres Problem stellt die Nutzung der Portale als Werbe- und Bewertungsplattform dar. Wer als Arzt Geld investiert, um ein höherklassiges Profil-Paket zu kaufen, kann häufig auch Anzeigen schalten. Für die Portale ist das ein äußerst lukrativer Verdienst und für die Ärzte die Möglichkeit, bei bestimmten Sucheingaben von Patienten weit oben gelistet zu werden. Oftmals wird von Verbraucherschützern vermutet, dass diese Ärzte aufgrund der Vergütung weniger schlechte Bewertungen haben als andere.

Eine aktuelle Studie der Zeitung „Die Zeit“ belegt diese Vermutung. Darin wurde der Bewertungsdurchschnitt von 3.770 Ärzten verglichen und herausgefunden, dass zahlende Ärzte deutlich bessere Noten haben, als diejenigen, die keine Premium-Profil haben. Schlechte Bewertungen scheinen für die zahlende Kundschaft von den Betreibern der Plattformen demnach häufiger blockiert zu werden – 95 Prozent der Premium-Kunden erhielten die Note 1, von den anderen Ärzten erhielten nur 77 Prozent die Bestnote.

Der Grundgedanke der Bewertungsportale mag in vielerlei Hinsicht sinnvoll sein, jedoch sind Zweifel an der Seriosität vieler Bewertungen angebracht. Einen kritischen Blick auf das Thema sollten Arztsuchende nach unserer Einschätzung haben. Auch Ärzte sollten grundsätzlich überlegen, welche Maßnahmen zur Patientengewinnung wirklich nutzbringend sind und vor dem Anlegen eines Profils auf einer solchen Plattform die Kriterien für eine Bewertung genaustens prüfen. Sollten diese nicht sinnvoll sein oder ein verzerrtes Meinungsbild hervorrufen, ist von der Nutzung des Portals eher abzuraten.