Ein Kieler Zahnarzt hat das Arztbewertungsportal jameda verklagt. Grund dafür war die plötzliche Löschung von zehn positiven Bewertungen, die nach Einschätzung des Arztes als Reaktion auf seine Kündigung erfolgte, was den Arzt schließlich zur Klage veranlasste. Die Parteien vertraten entgegengesetzte Meinungen: jameda verteidigte sein Vorgehen mit der Begründung, man habe die Echtheit der Bewertungen nicht zweifelsfrei prüfen können, es gab demnach keinen Nachweis für die tatsächlich stattgefundenen Besuche der Patienten in der Praxis. Der Arzt verlangte nun aufgrund seiner Vermutung, die Löschung sei eine Reaktion auf die Kündigung der Mitgliedschaft gewesen, dass das Portal die Bewertungen wieder online stellt. Das Landgericht in München hat die Klage nun allerdings mit folgender Begründung abgewiesen: „Der Arzt konnte nicht zur Überzeugung der Kammer nachweisen, dass, wie von ihm behauptet, die Löschungen als Reaktion auf seine Kündigung erfolgt seien“.

Das Problem von Arztbewertungsportalen

Heutzutage kann praktisch alles bewertet werden, vom Hotel über Bücher bis hin zum Produkt im Supermarkt. Natürlich besteht dabei immer das Problem, dass die abgegebene Einschätzung oder Bewertung rein subjektiv ist und sie deshalb auch irreführend sein kann. Da der Wert einer positiven Bewertung in den letzten Jahren immer mehr gestiegen ist, hat sich ein Markt etabliert, der solche Bewertungen verkauft. Diese sind frei erfunden und dementsprechend nicht aussagekräftig.

Oftmals bewerten Patienten Aspekte, die nichts mit der eigentlichen Tätigkeit des Arztes zu tun haben, wie beispielsweise die Wartezeiten oder das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Empfang. Eine negative Bewertung kann dem Arzt empfindlichen Schaden zufügen, sowohl finanziell als auch hinsichtlich seiner Reputation.

Es ist schwer, eine Grenze zwischen freier Meinungsäußerung und Rufschädigung zu ziehen. Deshalb setzen sich aktuell viele Gerichte mit Problemen wie denen des oben genannten Arztes auseinander. Subjektive Eindrücke abzugeben, ist natürlich rechtlich erlaubt, jedoch wäre es strafbar, unbewiesene Tatsachenbehauptungen wie zum Beispiel die Aussage, man sei falsch behandelt worden, aufzustellen.

Premium-Mitglieder bei jameda profitieren

Ein Problem ist die Nutzung solcher Arzt-Portale als Werbe- und Bewertungsplattform. Wer, wie der genannte Zahnarzt, Geld investiert, um ein höherklassiges Profil-Paket zu kaufen, kann häufig auch Anzeigen schalten. Für Portale wie jameda, Onmeda, TopMedic und DocInsider ist das eine lukrative Verdienstmöglichkeit. Die Ärzte profitieren dann davon, dass sie bei bestimmten Sucheingaben von Patienten weit oben gelistet werden und sich so gegenüber den Konkurrenten einen Vorteil verschaffen und das Portal zu eigenen Werbezwecken nutzen können. Hochglanz-Urkunden für die Praxis sind ein weiterer Vorteil, den zahlende Mitglieder gegenüber den Kolleginnen und Kollegen erwerben. Verbraucherschützer vermuten, dass aufgrund solcher zusätzlichen Zahlungen die Ärzte weniger schlechte Bewertungen haben als andere, die keine Premium-Mitgliedschaft besitzen.

Es ist und bleibt demnach ein zweischneidiges Schwert, ein Profil bei jameda oder anderen Bewertungsportalen zu besitzen. Einerseits sollen die Patienten ihre Meinung frei äußern können, andererseits jedoch ohne dass eine negative Bewertung genutzt wird, um den Ruf eines Arztes absichtlich zu schädigen. Ebenfalls kritisch zu sehen ist der werbliche Aspekt solcher Plattformen, der jameda und Co. eine noch größere Machtposition zuspricht.