Die Medizin geht im Marketing immer öfter neue Wege, um sich der Digitalisierung der Gesellschaft anzupassen. Nicht nur Reisen und Mode können im Netz beworben werden, sondern auch medizinische Produkte. Pharmakonzerne und andere Hersteller für medizinische Produkte haben längst das Influencer-Marketing für sich entdeckt. Doch wie macht man Werbung für solche Produkte, ohne dass es makaber oder anstößig wirkt? Es ist ein Balance-Akt, den die Marketing-Branche mittlerweile Schritt für Schritt versucht zu meistern. Dazu sind jedoch neue Influencer wichtig.

Die werbenden Unternehmen haben sich dazu auf zwei Arten von Influencern konzentriert, die am glaubwürdigsten und authentischsten sind, wenn es um medizinische Themen geht: Patienten und Medizinstudenten. Ärzte sind als Influencer zumindest in Deutschland ausgeschlossen, sie dürfen laut Heilmittelwerbegesetz und der Berufsordnung für deutsche Ärzte und Ärztinnen keine explizite Produktwerbung machen, um aus Eigeninteresse damit Geld zu verdienen.

Patienten als Influencer

Die Marketing-Branche arbeitet mit Patienten zusammen, die bereits eine treue Follower-Gemeinde auf den Social-Media-Plattformen um sich geschart haben und öffentlich über ihre Krankheit und ihre Erfahrungen mit Medikamenten sprechen möchten. Solche Influencer werden Patienten-Influencer oder auch „Pinfluencer“ genannt, sie sind am stärksten in den USA vertreten. Die Fan-Base dieser Influencer muss dabei gar nicht an die Zahlen der Mega-Influencer heranreichen, eine kleine und treue Mitgliederschar ist meistens wesentlich aktiver und engagierter, wenn es um Themen geht, die ihr am Herzen liegt.

Diese Patienten-Influencer sind nicht, wie so oft, auf Instagram zu finden, sondern auf Facebook und Twitter. Das liegt unter anderem am oftmals höheren Alter der Personen, die sich mit Gesundheitsthemen beschäftigen, aber auch daran, dass sich die beiden genannten Plattformen besser für den Austausch eignen. Dabei geht es nicht nur um medizinische Produkte, sondern auch um Studien, eigene Erfahrungen und persönliches Empfinden. Viele Influencer treten über Agenturen mit den Pharma-Unternehmen in Kontakt. Die Unternehmen bezahlen selbstverständlich für das Posten des Produktes, aber auch für Meinungen und Feedback zu den Medikamenten und können von den oftmals zahlreichen Impressions und letzten Endes auch von höheren Absatzzahlen profitieren.

Medizin-Studenten als Influencer

Anders als die Patienten-Influencer sind die Medizinstudenten vermehrt auf Instagram anzutreffen, dort ist hauptsächlich die jüngere Generation vertreten. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren in den USA entwickelt und ist nun auch hier in Deutschland verstärkt zu bemerken. Unter dem Hashtag #MedStudent gibt es mittlerweile einige Accounts von Studenten, die über ihr Leben an der Uni berichten und einen Eindruck von ihrem Alltag vermitteln möchten. Oft dabei sind Bilder von Laptops und Kaffeetassen, hübsch dekoriert und damit ein eher lässiges Feeling transportierend. Solche Bilder ziehen mehr Follower an als Bilder von Seziertischen. Da die Studenten noch keine abgeschlossene Ausbildung haben, ist es ihnen erlaubt, Produktwerbung zu machen, solange sie – wie bei allen anderen Influencern auch – ausreichend als solche gekennzeichnet ist. Die Konsumenten der beworbenen Produkte verbinden mit Medizinern und jenen, die es werden, im Allgemeinen eine uneigennützige Haltung und gehen nicht davon aus, dass diese aus kommerziellem Eigeninteresse Empfehlungen aussprechen. Davon profitieren viele Unternehmen, die sich speziell an Medizinstudenten wenden.

In den USA ist das Leben als Influencer für medizinische Produkte noch ein Stück weit anders, hier sind nicht allein Medizinstudenten, sondern auch viele Ärzte regelrechte Stars im Netz. Die amerikanischen Ärzte werben nicht nur für medizinische Produkte und Arzneien, sondern oftmals auch für Lifestyle, Mode oder Beauty. In den Vereinigten Staaten gibt es im Gegensatz zu Deutschland kein Gesetz, das Ärzten diese Form der Werbung für Arzneimittel verbietet.

Ethisch korrekt?

In Deutschland wird nicht ohne Grund die Werbung für Medikamente reguliert, denn die Frage nach moralischen Prinzipien lässt sich in diesem Zusammenhang lautstark stellen. Auch viele Influencer sollten sich darüber im Klaren sein, welche Auswirkungen ihr Tun haben kann. Was passiert zum Beispiel, wenn ein Influencer ein Produkt empfiehlt, der Patient es anwendet und dann etwa unter sehr starken Nebenwirkungen leidet? Aus finanziellen Gründen vorzugeben, dass ein Produkt ganz fantastisch und für jedermann zu empfehlen sei, mag bei dem einen oder anderen Influencer womöglich einen faden Beigeschmack hervorrufen.

Nicht nur in Europa sind solche Postings reguliert, auch in den USA gibt es für solche Fälle Richtlinien, wenn auch etwas weniger strenge. Bei Postings, die Werbung für Medikamente beinhalten, reicht eine Kennzeichnung mit dem Hashtag #ad nicht aus. Influencer müssen weiterführende Informationen zu Nebenwirkungen, Risiken und gegebenenfalls den Gruppen nennen, an denen das Medikament nicht getestet wurde. Wer sich nicht daran hält, riskiert eine Abmahnung.